Welche Birne ist dem Europaparlament jetzt Aufgegangen?

Die Morgenpresse meldet einen großartigen Durchbruch zur Energieunabhängigkeit. Sind etwa in Bayern auf einmal große Ölfelder entdeckt worden. Oder wurde gerade das Beamen fertig zur Marktreife entwickelt? Oder wurde gar Russland in die EU aufgenommen? Weit gefehlt. Der französische Energieministers Jean-Louis Borloo hat verkündet, dass Europa jetzt die Glühbirne abschafft. „Falls die EU-Staaten und das Europa-Parlament keine Einwände gegen die Brüsseler Expertenentscheidung erheben, will die Kommission den Beschluss bereits im Frühjahr 2009 in Kraft setzen.“ so der Südkurier weiter.

Ich zögere vor solch drastischen Vergleichen, aber das ganze erinnert doch fatal und überdeutlich an DDR-„Demokratie“. Ein unsinniger Beschluss, ein willfähriger Expertenausschuss und ein ebenso willfähriges Parlament. Verkündung des Beschlusses in der Einheitspresse, keine Diskussion, großer Jubel.

„Europas neues Licht“ ist der Artikel überschrieben. Nun, unter Europas Erleuchtung stelle ich mir etwas anderes vor, z.B. kritische Diskussion, umfassende Analysen und eine wissenschaftliche Herangehensweise. Von dem ist bei unseren Räten, Kommissaren und MdEPlern nichts zu spüren.

Und folgendes lässt sich durch eine kleine Recherche ermitteln:

Der angegeben Verbrauch, d.h. dann auch die berechnete Stromeinsparung, für Energiesparlampen sollte als erstes kritisch hinterfragt werden. Über tatsächlichen Verbrauch in der Anwendung gibt es weitaus pessimistischer Zahlen, als sie hier vorgeführt werden.
Normale Glühbirnen haben ein relativ ausgeglichenes Spektrum. Energiesparlampen dagegen emittieren ein sehr einseitiges Frequenzspektrum, das unseren Augen nicht sehr gut bekommt. Immerhin gut für die optische Industrie und die Augenärzte. Die Energiesparlampen erzeugen mehr Elektrosmog, aber da es diesen offiziell nicht gibt, stellt er auch kein Problem dar.
Energiesparlampen enthalten Quecksilber und sind Sondermüll. „Falls versehentlich eine Lampe zerbricht, so besteht auf Grund der geringen Menge an Quecksilber keine akute Gesundheitsgefahr, es wird jedoch trotzdem empfohlen für einige Minuten kräftig zu lüften…. Aus Gründen des Umweltschutzes dürfen Energiesparlampen niemals in den Hausmüll oder in den Glascontainer gegeben werden; sie sind Sondermüll. Nicht mehr funktionsfähige und zerbrochene Kompaktleuchtstofflampen müssen fachgerecht und getrennt vom Hausmüll und hausmüllähnlichem Gewerbeabfall entsorgt werden.“ (wikipedia)
In keiner der offiziellen Ankündigungen wird bei den Zahlen für den Energieverbrauch auch der Aufwand für die Produktion der Glühbirnen bzw. Energiesparlampen, inklusive Rohstoffverbrauch und Aufwand für Entsorgung sauber verglichen. Der Begriff Nachhaltigkeit ist zwar zu einem Modewort geworden, aber unsere Politiker scheinen sich mit dieser Herangehensweise, in der gefordert wird, ein Problem umfassend mit allen seinen Auswirkungen auf die Erde zu analysieren, immer noch schwer zu tun.
Eine empfehlenswerte Lektüre ist z.B. der Bericht auf Ökotest-Online vom Oktober 2008, der die Energiesparlampen kritisch beleuchtet, dann aber mit einem Ja-aber-Apell endet, „weil sich jährlich vier Millionen Treibhausgase vermeiden lassen.“ /1/, /2/

Die klägliche Rolle unserer so genannten Volksvertreter, die anscheinend nur die Funktion haben, Beschlüsse der Kommission durchzuwinken, ist die eine Seite. Doch die Angelegenheit berührt noch weitere Facetten der Degeneration unseres politischen Systems. Es erscheint auf einmal völlig normal, dass wir uns anmaßen, ein ganz normales Produkt, das weder pornographisch noch sonst wie jugendgefährdend ist, zu verbieten, nur weil sich mit diesem Verbot ein „politisch korrekter“ Effekt erzielen lässt. Kein Mensch käme auf die Idee, große Mercedes-Limousinen zu verbieten, nur weil sie mehr Benzin verbrauchen als kleinere Autos. Wo bleibt hier der freie Markt? Wenn sich mit Energiesparlampen soviel sparen lässt und wenn sie so unschädlich sind, dann lasst doch die Verbraucher selbst entscheiden!

Christel Hahn*
Tengen, Kreis Konstanz

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